Merkantile Wertminderung

29.11.2024  |  

Autor: Florian Gempe

Es dürfte allgemein bekannt sein, dass Unfallfahrzeuge weniger wert sind als unfallfreie Fahrzeuge. Deshalb kann der Geschädigte diesen Wertverlust, also die merkantile Wertminderung ersetzt verlangen – auch wenn er das Fahrzeug behält. Eine hypothetische Umsatzsteuer darf er aber nicht aufschlagen, so der Bundesgerichtshof (kurz: BGH) in der Entscheidung vom 16.07.2024, Az. VI ZR 243/23.

Grundsätzlich hat der bei einem Verkehrsunfall Geschädigte einen Anspruch auf Schadensersatz. Dies umfasst regelmäßig die Reparaturkosten, die allgemeine Unkostenpauschale und die Kosten für einen Mietwagen bzw. Nutzungsausfall für die Reparaturdauer, falls kein Mietwagen in Anspruch genommen wird. Auch wenn das unfallbeschädigte Fahrzeug repariert wurde, hat es in den meisten Fällen einen geringeren Wert als ein unfallfreies Fahrzeug im Rahmen eines Verkaufs. Der Wert des Fahrzeuges bestimmt sich nach dem Marktwert, so dass man regelmäßig von einem merkantilen Minderwert des reparierten Fahrzeuges spricht. Es wird eine Differenzbetrachtung vorgenommen, also der Verkaufswert des Fahrzeuges ohne Unfall im Vergleich zum Verkaufswert des Fahrzeuges mit dem Unfall trotz Reparatur.

Der Geschädigte kann den Minderwert auch dann geltend machen, wenn er das Fahrzeug nicht verkaufen will, so der BGH. Bei der Bemessung des merkantilen Minderwertes ist daher von einem hypothetischen Verkauf auszugehen.

Es muss allerdings differenziert werden, ob das Fahrzeug gewerblich oder privat verkauft wird. Bei einem gewerblichen Verkauf fällt schließlich die Umsatzsteuer an. Gem. BGH ist bei der Bemessung der merkantilen Wertminderung vom Nettoverkaufspreis auszugehen, also ohne die Umsatzsteuer.

In dem zugrundeliegenden Sachverhalt hatte der Sachverständige – wie so häufig in den Unfallgutachten – eine merkantile Wertminderung von 5.000 € ermittelt. Hiervon zog der Kfz-Haftpflichtversicherer den Umsatzsteueranteil ab und überwies 4.201,68 €.  Diesem Vorgehen stimmte der BGH in letzter Instanz zu, da es ansonsten zu einer Überkompensation für den Geschädigten käme. Schließlich fließt dem Verkäufer letztlich auch nur der Nettobetrag aus dem Verkauf des Fahrzeuges zu, die Umsatzsteuer muss sowieso an das Finanzamt abgeführt werden. Es gilt der allgemeine Grundsatz, dass der Geschädigte aus dem Unfallereignis nicht besser gestellt werden darf als ohne das schädigende Ereignis.

Letztlich hätte der Sachverständige von vornherein nur den Nettobetrag ermitteln und angeben dürfen. Da dies unklar war, wurde der Fall zur weiteren Aufklärung an das Landgericht zurückverwiesen.

Tom Mauermann
Rechtsanwalt

Florian Gempe

Fachanwalt für Strafrecht

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