Inflationsausgleichsprämie und Gleichheitsgrundsatz

25.09.2024  |  

Autor: Dr. Rudolf Hahn, PhD.

Einleitung 

Vollmundig sichern Arbeitgeber ihren Arbeitnehmern derzeit die Zahlung einer Inflationsausgleichsprämie zu (Anmerkung: Die Inflationsausgleichsprämie ist steuer- und sozialversicherungsfrei und gesetzlich noch bis 31.12.2024 möglich). Gerade in Zeiten der Personalknappheit will man die Belegschaft halten. Es sollen natürlich alle Arbeitnehmer in den Genuss dieser Prämie kommen, um nicht auf die Idee zu kommen, den Arbeitgeber zu wechseln. Soweit so gut.

Wenn es dann allerdings soweit kommt, also zur Auszahlung der Inflationsausgleichsprämie, manchmal auch gestaffelt in monatlichen Raten, neigen viele Arbeitgeber dazu, manche Arbeitnehmer bei der Zahlung der Inflationsausgleichsprämie herauszunehmen. Dies kann unterschiedliche Gründe haben, z. B. wenn man mit der Leistung des Arbeitnehmers nicht zufrieden ist, wenn man persönliche Avancen gegen den Arbeitnehmer hat, wenn er nach Ansicht des Arbeitgebers zu oft krank ist, usw.

Grundsatz 

Grundsätzlich gilt, dass Arbeitgeber bei begünstigenden Maßnahmen einzelne Arbeitnehmer nicht willkürlich schlechter behandeln dürfen als andere, vergleichbare Arbeitnehmer (vgl. BAG, Urteil v. 21.09.2011, Az.: 5 AZR 520/10). Es dürfen nicht sachfremde Gruppen gebildet werden. Eine willkürliche Ungleichbehandlung ist verboten. Nur eine Ungleichbehandlung mit einem sachlichen Grund ist möglich.

Arbeitsgericht Hagen vom 25.10.2023 

Das Arbeitsgericht Hagen 3 Ca 588/23 hatte in dem Urteil vom 25.10.2023 ausgeführt, dass eine Gruppenbildung bei der Zahlung der Inflationsausgleichsprämie nach sachlichen Kriterien möglich sei , auch z. B. unter Berücksichtigung der Betriebstreue. Allerdings sah das Arbeitsgericht keinen legitimen Zweck bei der streitgegenständlichen Ungleichbehandlung. Die Koppelung der Prämie an den Verdienst war problematisch, da es dem Sinn und Zweck der Prämie zuwider lief, die gerade eine finanzielle Entlastung darstellen soll. Besserverdiener müssen aber – mit einer höheren Inflationsausgleichsprämie – nicht mehr entlastet werden als geringer Verdienende, im Gegenteil. Hinzukam, dass generell die Ungleichbehandlung von Teil- und Vollzeitkräften unzulässig war.

Arbeitsgericht Köln vom 28.02.2024 

Zu dem gleichen Ergebnis, wenn auch mit anderer Begründung (u.a. Verstöße gegen § 7 Abs. 2 AGG und § 4 Abs. 1 TzBfG) kommt das Arbeitsgericht Köln im Urteil vom 28.02.2024, Az. 18 Ca 4857/23. Danach ist die lediglich anteilige oder unterlassene Auszahlung einer Inflationsausgleichsprämie an Teilzeitkräften und Arbeitnehmern in der Freistellungsphase der Altersteilzeit unzulässig und verstößt gegen den allgemeinen Gleichbehandlungsgrundsatz.

Arbeitsgericht Paderborn vom 06.07.2023 

Anders war dies beim Arbeitsgericht Paderborn der Fall: dort wurde als sachlicher Grund für eine Ungleichbehandlung akzeptiert, dass der Arbeitgeber die Zahlung der Inflationsausgleichsprämie davon abhängig machte, ob der jeweilige Arbeitnehmer bereits eine Sonderzahlung erhalten hatte oder nicht (Arbeitsgericht Paderborn, Urteil vom 6. Juli 2023, Az. 1 Ca 54/23).

Fazit 

Natürlich kommt es stets auf den jeweiligen Einzelfall an, so dass man auch keine pauschale Antwort geben kann, ob der Arbeitnehmer einen Anspruch auf Zahlung der Inflationsausgleichsprämie hat, wenn die anderen Arbeitskollegen diese erhalten haben. Es lohnt sich jedoch nachzuhaken, warum ausgerechnet dem einen oder anderen keine Inflationsausgleichsprämie vom Arbeitgeber gezahlt wurde und dann die obig skizzierten Grundsätze zu prüfen.

 

PS.: Der Unterzeichner hat nur erstinstanzliche Urteile gefunden. Es scheint so zu sein, dass sich entweder die Arbeitsvertragsparteien außergerichtlich einigen oder es spätestens bei einer Entscheidung des Arbeitsgerichts belassen., um das Arbeitsverhältnis nicht zu sehr zu belasten.

 

 

Dr. Rudolf Hahn, PhD.

Rechtsanwalt Wirtschaftsjurist

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