Nicht selten zeigt die Beratungspraxis: Mandanten, die vermögend sind, wollen mit zunehmendem Alter gar nicht mehr zwangsläufig vermögend sein. So mancher Leser dieses Satzes mag diese Gesinnung womöglich als regelrecht absurd abtun, doch Eigentum zu halten, zu verwalten und zu pflegen kostet Zeit, Geld und (auch oft genug nervenaufreibende) Anstrengung. Wer Immobilien sein Eigen nennt, weiß, was ich meine: Angaben machen gegenüber dem Finanzamt zur Grundsteuer, Verwalten der Gebäude- und Elementarversicherung, Handwerker für nötige Instandhaltungsmaßnahmen finden, Auseinandersetzung mit Mietern, Nachbarn oder Miteigentümern usw. – all das wird so manchem Eigentümer im vorgerückten Alter mehr und mehr zu einer Belastung. Bei großen Vermögen sorgen sich die Leute darüber hinaus um eine etwaig mit ihrem Tode anfallende Erbschaftssteuer, welche im Ernstfall für die Erben die Konsequenz haben kann, erhebliche Teile des Nachlasses verkaufen zu müssen, um die anfallende Erbschaftssteuerlast tragen zu können.
Nun gibt es zwei Wege die eigene Immobilie an die Kinder zu übertragen: einmal mittels einer Schenkung zu Lebzeiten im Wege eines sog. „Überlassungsvertrages“. Der andere Weg: In einem Testament wird festgelegt, dass die Immobilie auf die Kinder übergeht, was dann aber erst mit dem Ableben stattfindet.
Welcher der beiden Wege der Richtige ist, kann nur im Rahmen eines mit dem Rechtsanwalt geführten eingehenden Gespräches ermittelt werden. Dennoch kann pauschal hierzu Folgendes gesagt werden: Werden noch Mieteinnahmen oder Pachterträge aus dem Grundstück gezogen und ist der Mandant finanziell auf diese angewiesen, dann spricht dies tendenziell gegen eine Überlassung zu Lebzeiten an die Kinder. Darüber hinaus muss sich der Mandant fragen, ob er gegebenenfalls für eine später mal erforderliche Pflege Geld brauchen könnte –, denn dann kann er das Grundstück (wenn er es schon zu einem früheren Zeitpunkt auf die Kinder übertragen hat) nicht mehr zu Geld machen.
Wenn Sie lieber Leser überlegen, das von Ihnen bewohnte Hausgrundstück auf die Kinder jetzt zu Lebzeiten zu übertragen und sich hierbei ein Wohnungsrecht vorbehalten, dann gebe ich Ihnen hier eine Überlegung mit auf den Weg, die zwar rein psychologischer Natur ist, aber deshalb nicht weniger entscheidend: Wenn Sie das Haus selbst gebaut haben oder es über viele Jahrzehnte hinweg als Ihre wirtschaftliche Lebensleistung finanziert haben, dann kann es sein, dass Sie sich als „Hausherr“ eigentlich gar nicht ihren Kindern als potenzielle Eigentümer beugen wollen.
Heißt dies nun, die schenkweise Übertragung von Immobilien zu Lebzeiten auf die Kinder ist zwingend auch ein unsicherer Weg, weil der Mandant dann seine Verfügungsgewalt womöglich zu früh aus der Hand gibt? – Nein, um die Zügel in den Händen zu behalten, können Sie im Grundbuch Rückforderungsrechte eintragen lassen, die verhindern, dass die Kinder das Grundstück veräußern können.
Für das Verschenken einer Immobilie zu Lebzeiten sprechen aber insbesondere steuerrechtliche Vorteile: So kann der erbschaftssteuerrechtliche Freibetrag eines Kindes in Höhe von aktuell 400.000 Euro alle 10 Jahre ausgeschöpft werden, anstatt einmalig zum Todeszeitpunkt. Dies ist meiner Erfahrung nach einer der Hauptgründe, warum Mandanten bei größeren Vermögen Immobilien auf die Kinder übertragen.
Ein weiteres in der Praxis sehr häufig anzutreffendes Motiv von Mandanten, Grundstücke, Häuser und Wohnungen bereits zu Lebzeiten zu übertragen, ist das Vermeiden und Ausschalten von zukünftigen Pflichtteilsansprüchen der Kinder. Die Überlegung ist dabei folgende: Was zu Lebzeiten verschenkt wird, kann ja nicht in den Nachlass beim eigenen Ableben gelangen, sodass enterbte und renitente Kinder dann keinen Pflichtteilsanspruch in Bezug auf diese Immobilien geltend machen können. So clever, einfach und einfallsreich diese Lösung auch klingen mag, so funktioniert sie in der Praxis nur bedingt, denn eine solche lebzeitige Schenkung wird bis zu 10 Jahre nach dem Übertragen der Immobilie noch so behandelt, als ob deren Wert sich im Nachlass befindet. Da der Wert der Schenkung, welche den Nachlass noch hypothetisch hinzugerechnet wird, aber jährlich mit 10 % abschmilzt, empfiehlt sich dieses Vorgehen regelmäßig trotzdem.