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OVG Lüneburg & VGH Mannheim stoppen 2G-Regelungen

Es sind erfreuliche Nachrichten. Gleich zwei Oberverwaltungsgerichte haben in den letzten Tagen im Rahmen von Normenkontrollverfahren und damit verbundenen Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes (§ 47 Abs. 6 VwGO) einstweilige Anordnungen erlassen und damit „2G“-Regelungen in bestimmten Bereichen außer Kraft gesetzt.

„2G“ bedeutet, dass nur gegen SARS-CoV-2 Geimpfte und hiervon Genesene Einlass erhalten. Angeblich diene dies dem Infektionsschutz und der Verhinderung einer Überlastung der Intensivstationen. Böse Zungen munkeln jedoch, es gehe allein darum, Druck auf Ungeimpfte auszuüben. Fakt ist, dass laut DIVI-Register des Robert-Koch-Instituts (RKI) seit Beginn der Pandemie ca. 6.500 Intensivbetten abgebaut wurden (bzw. wegen fehlendem Personal nicht betrieben werden können), dass die Zahl der belegten Betten sich dagegen kaum verändert hat. Auch teilt das RKI ganz offen mit, dass nicht davon ausgegangen werden kann, dass Geimpfte das Virus weniger übertragen würden als Ungeimpfte. Dies führt zu verfassungsrechtlichen Problemen. Schwerwiegende Freiheitsbeschränkungen wie der Ausschluss Ungeimpfter setzen die Verhältnismäßigkeit der Maßnahmen voraus, es dürfen also insbesondere keine milderen Mittel zur Verfügung stehen. Warum fördert der Staat nicht den Erhalt oder Aufbau von Intensivbetten? Warum fördert der Staat nicht die Ausbildung, Akquise und Einstellung von medizinischem/Pflegepersonal und lässt stattdessen die Reduktion der Intensivbetten geschehen und erteilt Ausgleichszahlungen für die Verschiebung von Operationen? Warum wird eine große Anzahl von Krankenhäusern mitten in der Pandemie geschlossen? All dies wären Ansatzpunkte für weniger einschneidende Maßnahmen, die deutlich effektiver für den Gesundheitsschutz wären. Weiteres verfassungsrechtliches Problem ist, dass die Wirksamkeit der Maßnahmen wissenschaftlich nachgewiesen oder zumindest begründbar sein muss. Bloße Spekulationen genügen nicht. Dies gilt insbesondere im Hinblick auf den allgemeinen Gleichbehandlungsgrundsatz (Art. 3 Abs. 1 GG), der bei einer Ungleichbehandlung das Vorliegen von sachlichen Gründen erfordert. Aus meiner Sicht bestehen aber gerade keine sachlichen Gründe, Geimpfte bzw. Genesene und Ungeimpfte unterschiedlich zu behandeln, da sie gleichermaßen infektiös sind.

Das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht (OVG Lüneburg) setzte mit Beschlüssen vom 10.12.2021 (Az.: 13 MN 462/21, 13 MN 463/21 und 13 MN 464/21) die 2G-Regelungen bei körpernahen Dienstleistungen außer Kraft. Mit Beschluss vom 16.12.2021 (Az.: 13 MN 477/21) erstreckte das OVG Lüneburg diese Anordnung auf die 2G-Regelungen im Einzelhandel.

Der  Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg (VGH Mannheim) setzte mit Beschluss vom 15.12.2021 (Az.: 1 S 3670/21) Regelungen der entsprechenden Landesverordnung außer Kraft, welche den Zutritt zu Hochschulen auf „2G“ beschränkten.

Ich selbst führe derzeit ein Normenkontrollverfahren beim Thüringer Oberverwaltungsgericht (OVG Weimar) gegen die Thüringer Regelungen, welche ebenfalls „2G“, Kontaktbeschränkungen sowie eine Ausgangssperre für Ungeimpfte u.v.m. enthalten. Die zitierten Entscheidungen zeigen, dass es sich lohnt, dagegen vorzugehen.

Florian Gempe
Rechtsanwalt