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Thüringer Verfassungsgerichtshof: Corona-Bußgeldvorschriften nichtig

Das 149-seitige Urteil des Thüringer Verfassungsgerichtshofes vom 01.03.2021 (Az.: VerfGH 18/20) fand meiner Einschätzung nach in der Presse kaum Anklang. Zwar bezieht sich das Urteil dem Grunde nach auf Verordnungen der Thüringer Landesregierung, welche bereits überholt bzw. außer Kraft sind. Aber die Entscheidung hat es in sich.

Ein Teil der bisherigen Thüringer Landesverordnungen wird lediglich deshalb für nichtig erklärt, weil das Zitiergebot nach Art. 19 Abs. 1 S. 2 GG verletzt wurde. Der Verfassungsgerichtshof hält die getroffenen Maßnahmen gleichwohl für verhältnismäßig.

Ab Seite 140 wird es dann jedoch spannend für den Strafrechtler: Die Bußgeldvorschriften (von denen nur ein Teil überprüft wurde) sind nichtig, da der Verordnungsgeber (Thüringer Landesregierung) hierfür überhaupt nicht zuständig war. Vielmehr ist aufgrund von Art. 103 Abs. 2 GG ausschließlich der parlamentarische Gesetzgeber für den Erlass von Straf- und Bußgeldvorschriften zuständig. Insofern ist auf §§ 73 ff. des Infektionsschutzgesetzes zu verweisen. Dort hat der Bundesgesetzgeber zwar einzelne Bußgeldtatbestände geschaffen, aber nur allgemeiner Natur. Verstöße gegen beispielsweise die Maskenpflicht oder das Abstandsgebot finden sich dort nicht. Die detaillierten Regelungen der Landesverordnungen sind laut Verfassungsgerichtshof indes rechtswidrig und nichtig, sodass – wenn man es auf die Spitze treibt – niemand wegen Verstößen gegen die Landesverordnungen verurteilt werden könnte, solange die Gesetzeslage nicht geändert wird.

Ob die Amtsgerichte dies ebenso sehen werden, ist allerdings offen.