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Halbierter Nachtarbeitszuschlag für Schichtarbeit

Liebe Leser,

Das Bundesarbeitsgericht (Urteil vom 9. Dezember 2020 – 10 AZR 334/20) entschied, dass eine Regelung in einem Tarifvertrag, nach der sich der Zuschlag für Nachtarbeit halbiert, wenn sie innerhalb eines Schichtsystems geleistet wird, gegen den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG verstoßen kann.

Die Beklagte betreibt eine Brauerei in Hamburg. Der Kläger leistet dort Schichtarbeit. Nach dem einschlägigen Manteltarifvertrag ist für Arbeit in der Nachtschicht von 22:00 Uhr bis 06:00 Uhr ein Zuschlag von 25 % zum Stundenentgelt zu zahlen. Für Nachtarbeit, die in demselben Zeitraum außerhalb eines Schichtsystems erbracht wird, sieht der Tarifvertrag allerdings einen Zuschlag von 50 % vor. Der Kläger ist der Auffassung, die Halbierung des Zuschlags für Nachtschichtarbeit widerspreche den gesicherten arbeitsmedizinischen Erkenntnissen. Danach gehen von regelmäßiger Nachtschichtarbeit erheblich gravierendere Gesundheitsgefahren aus als von gelegentlich geleisteter Nachtarbeit. Er will, dass die Arbeitgeberin den Zuschlag von 50 % auch für die Nachtschicht zahlen muß.
Gem. Argumentation der Arbeitgeberin soll der höhere Zuschlag eine besondere Belastung der unvorbereitet zu Nachtarbeit herangezogenen Arbeitnehmer ausgleichen. Sie büßten die Dispositionsmöglichkeit über ihre Freizeit in der Nacht ein.

Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Die dagegen gerichtete Revision des Klägers hatte vor dem Bundesarbeitsgericht Erfolg. Nachtarbeitnehmer und Nachtschichtarbeitnehmer sind nach Auffassung des Senats miteinander vergleichbar. Nach dem Manteltarifvertrag ist bei der Durchführung von Nachtarbeit außerhalb von Schichtsystemen auf private und kulturelle Wünsche der Beschäftigten weitgehend Rücksicht zu nehmen. Der höhere Zuschlag für Nachtarbeitnehmer kann nicht den Zweck haben, ihre Freizeit vor Eingriffen durch den Arbeitgeber zu schützen. Andere sachliche Gründe, die die schlechtere Behandlung der Nachtschichtarbeitnehmer rechtfertigen könnten, lassen sich dem Manteltarifvertrag nicht entnehmen. Der Kläger kann den höheren Zuschlag verlangen, um mit den nicht regelmäßig nachts Arbeitenden gleichbehandelt zu werden.