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06.09.2020 Arbeitszeiterfassung via Fingerprint die zweite

Liebe Leser,

ein Medizinisch-Technischer Assistent weigerte sich, das vom Arbeitgeber eingeführte Arbeitszeiterfassungssystem (Fingerabdruckscanner mit Verarbeitung der Fingerlinienverzweigungen, sog. Minutien) zu benutzen. Der Arbeitgeber erteilte ihm eine Abmahnung, gegen die er sich wehrte.

Das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg hat mit Urteil v. 04.06.2020, Az. 10 Sa 2130/19 entschieden, dass aus Datenschutzgründen
biometrische Zeiterfassungssysteme in der Regel nicht erforderlich sind, um die Arbeitszeit der Mitarbeiter zu dokumentieren. Es bestätigte damit die vorherige Entscheidung des Arbeitsgerichts Berlin (wir berichteten hierüber).

Der Fingerabdruck wird zwar nicht als Ganzes verarbeitet. Allerdings seien, so das LAG Berlin-Brandenburg, auch die Minutien als biometrische Daten im Sinne des Art. 4 Nr. 14 DSGVO zu klassifizieren, da auch mittels der Minutien die Person eindeutig identifiziert werden könne.
Die Verarbeitung von biometrischen Daten zur Identifizierung einer natürlichen Person ist nach Art. 9 Abs. 1 DSGVO untersagt. Die Ausnahme nach Art. 9 Abs. 2b DSGVO lässt zwar ausnahmsweise zu, dass eine Verarbeitung besonderer Kategorien personenbezogener Daten  zulässig ist, wenn die Verarbeitung erforderlich ist. Dies ist jedoch bei der bloßen Erfassung der Arbeitszeit nicht der Fall. Gerade das hier eingesetzte Gerät ermöglichte auch die Erfassung der Arbeitszeit durch Transponder oder Chipkarten.

Die Argumente der Arbeitgeberin, dass Fingerabdruckscanner kostengünstiger als das Chipkartensystem seien oder des konzerneinheitlichen Arbeitszeitmesssystems griffen nicht durch.

Die Weigerung der Nutzung stellte deshalb keine Pflichtverletzung dar, der Kläger konnte zu Recht die Entfernung der Abmahnung aus der Personalakte verlangen.

Die Revision wurde nicht zugelassen. Es bleibt abzuwarten, wie sich diese Problematik, einerseits systematische, objektive, verlässliche Arbeitszeiterfassung und Datenschutz andererseits weiter entwickelt.

Ihr

Rudolf Hahn
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Arbeitsrecht