Arbeitsrecht

Konkludenter, mündlicher Arbeitsvertrag trotz tariflicher Schriftform

Liebe Leser,

ein Arbeitsvertrag kann auch zustande kommen, indem der Arbeitnehmer seine Arbeitsleistung über mehrere Monate (vorliegend ca. 3,5 Monate) erbringt und der Arbeitgeber ihn in den Betrieb eingliedert. So entschied das Landesarbeitsgericht (LAG) Schleswig-Holstein im Urteil vom 07.08.2018, Az. 1 Sa 23/18.

Angestellt oder ausgeliehen?

In dem konkreten Fall ging es um die Frage, ob zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeberin ein wirksamer Arbeitsvertrag zustande gekommen war. Der Arbeitnehmer war zuvor für die Konzerntochter VCS GmbH tätig gewesen und wechselte später zu der aktuellen Arbeitgeberin in demselben Konzern zu einer Projektarbeit im Betrieb Business Projekts (BPR). Er erhielt eine Willkommensmappe mit Regelungen zu seinem neuen Arbeitsplatz.

Die neue Arbeit trat der Arbeitnehmer kurze Zeit später an, ohne einen neuen schriftlichen Arbeitsvertrag mit der Arbeitgeberin geschlossen zu haben. Nach einiger Zeit kam die ursprüngliche Arbeitgeberin auf den Arbeitnehmer zu.

Sie machte deutlich, dass der Arbeitnehmer bloß im Rahmen der Arbeitnehmerüberlassung an die neue „Arbeitgeberin“ ausgeliehen sei. Daraufhin klagte der Arbeitnehmer auf Feststellung, dass ein wirksamer Arbeitsvertrag mit der neuen Arbeitgeberin bestehe.

Das Gericht führte, dass zwischen dem Arbeitnehmer und der Arbeitgeberin ein wirksames Arbeitsverhältnis entstanden sei. Der Arbeitnehmer habe durch die Aufnahme der neuen Arbeit seine Arbeitskraft wirksam angeboten. Die Arbeitgeberin habe das Angebot angenommen, indem sie ihn mehrere Monate für ihn arbeiten ließ.

Es bestehe kein Anhaltspunkt dafür, dass der Arbeitnehmer nur im Rahmen des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes an die Arbeitgeberin überlassen werden sollte.

Außerdem sei das Arbeitsverhältnis wirksam, obwohl der Manteltarifvertrag in § 5 MTV einen schriftlichen Vertragsschluss vorsieht. Die Formvorschrift des Tarifvertrags wirke nicht konstitutiv, sodass die Nichteinhaltung der Schriftform nicht zur Unwirksamkeit des Vertrags führte. Die tarifliche Regelung sei nur deklaratorisch zu sehen, was der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts entspreche. Etwas anderes kann vorliegend der tariflichen Regelung nicht entnommen werden, also dass die Schriftform doch zwingend für den Abschluss des Arbeitsvertrages sei.

Anmerkung:

Die sehr lesenswerte Entscheidung des Landesarbeitsgerichtes Schleswig-Holstein, Urteil vom 07. August 2018 – 1 Sa 23/18 kann durchaus bei anderen ähnlich gelagerten Sachverhalten im Telekomkonzern herangezogen werden. Es ist nichts ungewöhnliches, dass häufig erst später, also nachdem bereits mit der Arbeitsleistung begonnen wurde, ein Arbeitsvertrag vorgelegt wird, den der Arbeitnehmer dann so eigentlich gar nicht abschließen wollte oder dass er in einem anderen Konzernbetrieb tätig wird ohne korrekte Arbeitnehmerüberlassung.

Hier gilt es im Einzelfall, also im Gerichtsprozeß substantiiert vorzutragen.