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Versetzung – tarifliche Klausel wohnortnaher Einsatz

Liebe Leser,

im Konzern der Deutschen Telekom AG kommt es teilweise zu vielfachen Versetzungen. Dies hängt damit zusammen, dass Teilbetriebe geschlossen oder verlagert werden. Die Wirksamkeit dieser bzw. generell von Versetzungen ist dann nach § 106 Gewerbeordnung bzw. § 315 Bürgerliches Gesetzbuch zu prüfen. Danach kann der Arbeitgeber Inhalt, Ort und Zeit der Arbeitsleistung nach billigem Ermessen näher bestimmen, soweit diese Arbeitsbedingungen nicht durch den Arbeitsvertrag, einer Betriebsvereinbarung, eines anwendbaren Tarifvertrages oder gesetzliche Bestimmungen festgelegt sind.

Vorliegend wurde eine Mitarbeiterin der Deutschen Telekom AG von Hennigsdorf (nordwestlich von Berlin) nach Braunschweig versetzt, nachdem der Standort in Hennigsdorf geschlossen worden war.

Bei der Dt. Telekom AG gilt u.a. ein Tarifvertrag Rationalisierungsschutz und Beschäftigungssicherung (TV Ratio). Darin ist u.a. geregelt, dass bis zur Weitervermittlung auf einen dauerhaften Arbeitsplatz vorübergehende Beschäftigungen innerhalb und außerhalb des Konzerns erfolgen. Diese temporären Einsätze erfolgen im Regelfall wohnortnah und/oder berufsbildbezogen.

Die Dt. Telekom AG ist der Auffassung, dass der räumlich nächste Standort, der für die Mitarbeiterin in Frage komme, die Tochtergesllschaft der Dt. Telekom AG in Braunschweig sei.

Die Mitarbeiterin argumentiert dagegen, dass dieser Projekteinsatz in Braunschweig entgegen der tariflichen Vorgaben nicht wohnortnah sei. Es sei auch nicht ersichtlich, weshalb ein Einsatz in einem wohnortnäheren Betrieb des Konzerns z. B. in Berlin (hier gibt es mehrere Tochtergesellschaften) nicht möglich sei. Schließlich sei der sehr weit entfernte Einsatz in Braunschweig auch gesundheitlich nicht zumutbar, u.a. in Anbetracht der Gesamtwegezeit von weit mehr als 4 Stunden. Die Mitarbeiterin hatte bereits gesundheitliche Einschränkungen.

Das Arbeitsgericht Neuruppin gab der Arbeitnehmerin recht. In der Entscheidung vom 13.4.2017, Az. 1 Ca 1188/16 stellt es fest, dass die streitgegenständliche Versetzung nach Braunschweig unwirksam war. Gerade im Hinblick auf die tarifliche Regelung im anwendbaren Tarifvertrag TV Ratio, dass wohnortnahe Beschäftigungen zu erfolgen haben, hätte die Deutsche Telekom AG darlegen müssen, welche konkreten Bemühungen sie unternommen hat, die Mitarbeiterin wohnortnah in die unstreitig vorhandenen Tochtergesellschaften in Berlin unterzubringen. Soweit alternative, wohnortnähere Beschäftigungsmöglichkeiten bestanden hätten, hätte die Deutsche Telekom AG diese im Rahmen der Ausübung des billigen Ermessens einbeziehen müssen.

Die pauschalen Darlegungen der Telekom AG, dass es keine wohnortnäheren Beschäftigungsmöglichkeiten gäbe, genügten dem Gericht nicht, so dass die Versetzung bereits aus diesem Grunde für unwirksam erklärt wurde. Die anderen Gesichtspunkte wie gesundheitliche Beeinträchtigung, etc. wurden nicht weiter geprüft.

Eine interessante Entscheidung, die zeigt, dass derartige Versetzungen, die aufgrund des umfänglichen Weisungsrechtes des Arbeitgebers grundsätzlich möglich sind, bereits an solchen tariflichen Regelungen scheitern können.