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Kündigung bei unüberlegter Strafanzeige

Liebe Leser,

wenn ein Arbeitnehmer Strafanzeige gegen den Arbeitgeber oder gegen unbekannt stellt, sollte er sich vorher sehr genau überlegen, was er macht und ob er damit nicht sein Arbeitsverhältnis aufs Spiel setzt.

Schließlich kann man die strafrechtliche Variante nicht isoliert betrachten.

Eine Fachanwältin für Arbeits- und Sozialrecht war bei der Fachhochschule des Bundes für öffentliche Verwaltung als Lehrbeauftragte beschäftigt. Im März 2012 wurden  Lehrveranstaltungen, auch eine von der späteren Klägerin durch die Arbeitgeberin bewertet. Die Ergebnisse gab sie an andere Mitarbeiter weiter. Die Klägerin hielt die Bewertung für rechtswidrig, da ein sog. Evaluierungsbeauftragter (nichts anderes als ein Beauftragter für die Einhaltung des Beurteilungssystems bzw. der Beurteilungsvorgaben) nicht ordnungsgemäß bestellt worden war.

Sie stellte Strafantrag gegen unbekannt wegen eines Verstosses gegen das Bundesdatenschutzgesetzes (§ 44 Abs. 1 BDSG); das Verfahren wurde durch die Staatsanwaltschaft eingestellt.

Nachdem die Arbeitgeberin von der Strafanzeige erfahren hatte, kündigte sie das Arbeitsverhältnis ordentlich unter Einhaltung der Kündigungsfrist. Die Klägerin erhob hiergegen Kündigungsschutzklage, blieb aber in allen drei Instanzen, also Arbeits-, Landesarbeits- und Bundesarbeitsgericht erfolglos.

Die Kündigung wurde als wirksam angesehen. Mit der Strafanzeige hatte die Klägerin gegen ihre Rücksichtnahmepflicht nach § 241 Abs. 2 BGB verstossen. Grundsätzlich kann zwar eine Strafanzeige gegen den Arbeitgeber wegen eines vermeintlichen strafbaren Verhaltens gestellt werden, da jeder Bürger seine zulässigen Rechte wahrnehmen kann. Etwas anders ist die Situation zu beurteilen, wenn an der Strafanzeige nichts dran ist. Vorliegend setzte eine Straftat nach § 44 BDSG voraus, dass eine Schädigungsabsicht vorlag oder die Handlung gegen Entgelt begangen wurde. Beides war nicht der Fall, dies war auch erkennbar. Die Strafanzeige entbehrte jeglicher Grundlage und war schlichtweg haltlos. Diese Pflichtverletzung der Klägerin war auch schuldhaft und vorwerfbar. Außerdem hatte die Klägerin es unterlassen, mildere Mittel wie z. B. eine innerbetriebliche Klärung anzustreben. Das Verhalten der Klägerin war unverhältnismäßig.

Fazit: Natürlich kennen wir nicht die genauen Hintergründe, was die Klägerin zu der Straf-anzeige bewegt hatte. Letztlich sollte sich aber jeder Arbeitnehmer bzw. der anwaltliche Vertreter genau überlegen, ob er gegen den Arbeitgeber Strafanzeige stellt und ob an dem vermeintlichen strafbaren Verhalten im Sinne des Strafgesetzbuches oder anderer Straftatbestände etwas dran ist.