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Betriebsübergang – dynamische Bezugnahmeklausel

Liebe Leser,

ich beschäftige mich bereits seit vielen Jahren mit Betriebs- und Teilbetriebsübergängen. Aus meiner Sicht dienen diese meist zum Personalabbau oder zur Verringerung der Kostenstruktur. Im wesentlichen ist der Betriebsübergang in einem Paragraphen geregelt, nämlich in Paragraph 613a BGB (Bürgerliches Gesetzbuch). Daneben gibt es zahlreiche, komplexe Rechtsprechung hierzu. Ich habe versucht, diese in einem kleinen Ratgeber lesbar zusammenzufassen, zwischenzeitlich in der 4. Auflage. Wer hieran Interesse hat, einfach melden.

Das Bundesarbeitsgericht hatte sich jüngst (am 23.03.2017, Az. 8 AZR 89/15) mit einer sogenannten dynamischen Bezugnahmeklausel im Arbeitsvertrag und einem Betriebsübergang zu befassen. Der Arbeitnehmer war seit 1984 in einer Reha-Kliinik beschäftigt. Im Arbeitsvertrag war vorgesehen, dass für das Arbeitsverhältnis die Vorschriften des Bundesangestelltentarifvertrages (BAT) und die diesenTarifvertrag ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträge in ihrer jeweils gültigen Fassung gelten sollten. Die Arbeitgeberin war nicht tarifgebunden. Jahrelang stritten die Parteien darüber, ob das Entgelt nach den Entgelttabellen des Tarifvertrages des öffentlichen Dienstes (TVöD) zu bemessen war. Das Arbeitsgericht Essen hatte schließlich rechtskräftig festgestellt, dass auf das Arbeitsverhältnis die – jeweiligen – Vorschriften des TVöD vom 13.5.2005 anzuwenden seien.

Nunmehr klagte der Arbeitnehmer auf rückständigen Lohn auf Basis der Entgelttabelle des TVöD. Die Arbeitgeberin hatte dagegen argumentiert, dass aufgrund neuer Rechtsprechung des  Europäischen Gerichtshofes (EuGH vom 18.07.2013 – C-426/11) sie nicht an den TVöD gebunden sei, sondern an den BAT statisch mit Stand 31.01.2003. Dies sahen sowohl das Arbeits-, das Landesarbeits- als auch das Bundesarbeitsgericht anders. Durch das rechtskräftige Urteil des Arbeitsgericht stand fest, dass der TVöD dynamisch gilt. Der Sachverhalt fiel nämlich nicht in den Anwendungsbereich der europäischen Betriebsübergangsrichtlinie 2001/23/EG des Rates vom 12.3.2001.

Allerdings mußte die Sache gleichwohl an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen werden.

Es war nicht abschließend geklärt, in welcher konkreten tariflichen Entgeltgruppe und welcher Stufe der Arbeitnehmer aufgrund seiner Tätigkeit einzugruppieren und damit zu vergüten war.

Für mich stellt sich die Frage, warum dies nicht vorher geklärt worden war. Vermutlich hat man sich überwiegend mit den generellen Fragestellungen befasst, ohne diese tatsächliche Frage zu klären bzw. unstreitig zu stellen. So muß der Arbeitnehmer leider eine weitere Runde beim Landesarbeitsgericht drehen.